Grüner Stahl

Grüner Stahl: Zukunft der nachhaltigen Stahlproduktion

Erfahren Sie alles über grünen Stahl: Von innovativen Produktionsmethoden bis zur CO₂-Reduktion: Aktuelle Entwicklungen - Technologien - Zukunftsperspektiven

Was ist grüner Stahl? Definition und Bedeutung

Grüner Stahl bezeichnet Stahl, der mit deutlich reduzierten oder sogar vollständig vermiedenen CO₂-Emissionen hergestellt wird. Im Gegensatz zur konventionellen Produktion, die auf fossilen Brennstoffen basiert, setzt die grüne Stahlherstellung auf erneuerbare Energien und innovative Reduktionsmittel wie Wasserstoff. Ziel ist es, die Stahlindustrie – eine der größten CO₂-Emittenten weltweit – klimaneutral zu machen und so einen entscheidenden Beitrag zur Erreichung der globalen Klimaziele zu leisten.

Die Bedeutung von grünem Stahl geht weit über den Umweltschutz hinaus. Für die Metallbranche eröffnet er neue Marktchancen, stärkt die Wettbewerbsfähigkeit und erfüllt die steigenden Anforderungen von Kunden, die zunehmend Wert auf nachhaltige Lieferketten legen. Im Kontext der Energiewende und der Dekarbonisierung der Industrie ist grüner Stahl ein Schlüsselthema, das auch für Unternehmen wie Laserhub und deren Kunden immer relevanter wird.

Traditionelle vs. grüne Stahlproduktion im Vergleich

Konventionelle Hochofenroute

Die klassische Stahlproduktion erfolgt überwiegend im Hochofenverfahren. Hierbei wird Eisenerz mit Koks (aus Kohle) reduziert, wobei große Mengen CO₂ freigesetzt werden. Pro produzierter Tonne Stahl entstehen im Schnitt rund 1,7 bis 2 Tonnen CO₂. Um diesen Wert in Relation zu setzen: Wenn Sie mit einem modernen Volvo XC40 ca. 13.000 Kilometer fahren, dann verbrauchen Sie um die 2 Tonnen CO₂. Dies entspricht bei vielen Deutschen weniger als die gesamte jährliche Fahrleistung.

Wasserstoffbasierte Direktreduktion (H-DRI)

Das Herzstück der grünen Stahlproduktion ist die wasserstoffbasierte Direktreduktion. Hierbei wird Eisenerz nicht mehr mit Kohlenstoff (Koks), sondern mit Wasserstoff reduziert. Das Ergebnis: Statt CO₂ entsteht Wasserdampf. Das so gewonnene Eisen wird anschließend in einem Elektrolichtbogenofen zu Stahl weiterverarbeitet. Die Abkürzung H-DRI steht für „Hydrogen-based Direct Reduced Iron“ – also direkt reduziertes Eisen, das mit Wasserstoff statt mit Erdgas oder Kohle hergestellt wird.

Elektrolichtbogenöfen (EAF)

Ein Elektrolichtbogenofen (EAF) ist ein flexibles Schmelzaggregat, das Stahl mithilfe von elektrischem Strom herstellt. Die Hitze entsteht durch Lichtbögen zwischen Grafitelektroden und dem metallischen Einsatzgut. Elektrolichtbogenöfen erreichen Temperaturen von bis zu 1.800 °C und sind damit in der Lage, verschiedenste metallische Rohstoffe zu schmelzen – von Stahlschrott über Roheisen bis hin zu Eisen (H-DRI). Zum Vergleich: Eine konventionelle Hochofenroute kommt auf bis zu 2.200 °C.

Die H-DRI/EAF-Route: So entsteht klimaneutraler Stahl

Eisenerz wird mit grünem Wasserstoff zu Eisen verarbeitet, das aufgrund des Verfahrens H-DRI genannt wird. Das Eisen (H-DRI) wird im Elektrolichtbogenofen eingeschmolzen und zu Rohstahl veredelt. Der Rohstahl wird zu Halbzeugen, Blechen oder Profilen verarbeitet. Diese Route ermöglicht die Herstellung von „Virgin Steel“ (neuem Stahl) mit minimalen CO₂-Emissionen – ein Quantensprung gegenüber der klassischen Hochofenroute.

CO₂-Einsparung im Vergleich

Die Kombination aus H-DRI und EAF ist der Schlüssel zur Dekarbonisierung der Stahlindustrie. Während beim klassischen Hochofenprozess rund 1,7 bis 2 Tonnen CO₂ pro Tonne Stahl entstehen, sind es bei der H-DRI/EAF-Route nur etwa 0,1 Tonnen – eine Reduktion um über 90 %.

Findet die Umwandlung von Eisenerz in Eisen auf dem klassischen Wege statt und die Verarbeitung zu Rohstahl in einem Elektrolichtbogenofen, dann reduziert sich die CO₂-Emission auf 0,4 Tonnen.

Co2-Reduktion durch die Produktion von Grünem Stahl
Co2-Reduktion durch die Produktion von Grünem Stahl

Weitere innovative Ansätze, um grünen Stahl zu produzieren

Biomasse als Reduktionsmittel

Biomasse – etwa Holzabfälle, landwirtschaftliche Reststoffe oder speziell erzeugte Energiepflanzen – wird als Ersatz für fossile Brennstoffe wie Kohle oder Koks im Reduktionsprozess eingesetzt. Ziel ist es, den Kohlenstoffbedarf der Stahlherstellung durch nachwachsende, CO₂-neutrale Quellen zu decken.

Wasserstoffeinspritzung in Hochöfen

Statt den Hochofen komplett zu ersetzen, wird Wasserstoff als zusätzliches Reduktionsmittel direkt in bestehende Hochöfen eingespritzt. Ziel ist es, einen Teil des Koks durch Wasserstoff zu substituieren und so die CO₂-Emissionen zu senken, ohne die gesamte Infrastruktur neu aufzubauen.

Syngas-Recycling

Syngas (Synthesegas) ist ein Gemisch aus Kohlenmonoxid (CO) und Wasserstoff (H₂), das in Stahlwerken als Nebenprodukt entsteht. Durch Aufbereitung und Rückführung kann Syngas als Reduktionsmittel oder Energiequelle wiederverwendet werden – ein wichtiger Schritt zur Kreislaufwirtschaft und Emissionsminderung.

Wirtschaftliche Perspektiven und Marktentwicklung von grünem Stahl

Der Markt für grünen Stahl wächst rasant. Für 2025 wird ein globaler Marktwert von rund 6 bis 7 Milliarden US-Dollar erwartet, mit einer jährlichen Wachstumsrate von über 60 % bis 2032. Bis dahin könnte der Markt auf 130 bis 190 Milliarden US-Dollar anwachsen. Deutschland nimmt eine Vorreiterrolle ein und hält 2025 voraussichtlich 37 % des europäischen Marktanteils. Unternehmen wie Thyssenkrupp, Salzgitter und H2GreenSteel investieren massiv in neue Anlagen und Technologien.

Kostenentwicklung und Investitionen

Die Umstellung auf grüne Stahlproduktion erfordert massive Investitionen in neue Anlagen und Infrastruktur. Im Zentrum stehen dabei:

Direktreduktionsanlagen (DRI)

Eine moderne DRI-Anlage mit einer Kapazität von 2 Millionen Tonnen pro Jahr kostet rund 600 Millionen US-Dollar. Für die geplante Umstellung eines nennenswerten Anteils der europäischen Stahlproduktion auf DRI-EAF-Technologie werden bis 2030 Investitionen im zweistelligen Milliardenbereich benötigt.

Elektrolyseure für grünen Wasserstoff

Die Kosten für PEM-Elektrolyseure liegen 2024 bei etwa 1.000–1.500 US-Dollar pro kW installierter Leistung. Da für eine einzige Großanlage mehrere Hundert Megawatt benötigt werden, summieren sich die Investitionen schnell auf mehrere hundert Millionen US-Dollar.

Wasserstoff-Pipelines, – Speicher & -Preise

Der globale Markt für Wasserstoffpipelines wird 2024 auf 4,41 Milliarden US-Dollar geschätzt. Der Bau neuer Pipelines oder die Umrüstung bestehender Gasleitungen ist kostenintensiv und regional sehr unterschiedlich. Für die Speicherung von Wasserstoff werden pro Kilogramm Kapazität etwa 20 US-Dollar investiert.

2024 liegen die Produktionskosten für grünen Wasserstoff weltweit zwischen 3,50 und 12,00 US-Dollar pro Kilogramm – mit den höchsten Preisen in Europa (bis zu 14,31 USD/kg) und den niedrigsten in Asien-Pazifik (ab 2,50 USD/kg). Für eine wirtschaftliche grüne Stahlproduktion muss – laut Schätzungen – der Wasserstoffpreis auf 2 bis 3 US-Dollar pro kg sinken. Dieses Ziel ist aktuell nur in wenigen Regionen mit ertragreichen erneuerbaren Energien erreichbar.

Erneuerbare Energie

Die Versorgung der Stahlwerke mit grünem Strom ist ein weiterer Kostenfaktor. In Regionen mit günstigen Wind- oder Solarressourcen liegen die Strompreise bei 15–20 US-Dollar/MWh, in Europa jedoch meist deutlich höher.

Zukunft der Stahlindustrie: Projekte und Initiativen

Die EU hat sich mit dem Green Deal das Ziel gesetzt, bis 2050 klimaneutral zu werden. Die Stahlindustrie steht dabei besonders im Fokus, da sie für 5 bis 7 Prozent der EU-weiten CO₂-Emissionen verantwortlich ist. Große Hersteller wie Thyssenkrupp haben sich zur Klimaneutralität bis spätestens 2045 verpflichtet. Thyssenkrupp Steel Europe investiert dafür 3 Milliarden Euro in ein neues, grünes Stahlwerk in Duisburg. Die Salzgitter AG setzt mit dem SALCOS-Projekt auf wasserstoffbasierte Direktreduktion und will bis 2033 die CO₂-Emissionen um 95 % senken.

Deutsche Stahlindustrie
Deutsche Stahlindustrie

Zusammenfassung der wichtigsten Erkenntnisse

Die Transformation der Stahlindustrie hin zu klimaneutralen Produktionsmethoden ist in vollem Gange. Innovative Technologien wie die wasserstoffbasierte Direktreduktion (H-DRI) und der Einsatz von Elektrolichtbogenöfen (EAF) ermöglichen es, die CO₂-Emissionen pro Tonne Stahl von durchschnittlich 1,7 bis 2 Tonnen (konventionelle Hochofenroute) auf nur noch 0,1 Tonnen zu senken – eine Reduktion um mehr als 90 %. Auch alternative Ansätze wie Biomasse als Reduktionsmittel, Wasserstoffeinspritzung in Hochöfen und Syngas-Recycling leisten einen wichtigen Beitrag zur Emissionsminderung.

Der Markt für grünen Stahl wächst exponentiell: Von rund 7 Milliarden US-Dollar im Jahr 2024 wird ein Anstieg auf bis zu 190 Milliarden US-Dollar bis 2032 prognostiziert. Deutschland und Europa nehmen dabei eine Vorreiterrolle ein, getrieben durch ambitionierte Klimaziele, staatliche Förderprogramme und massive Investitionen der Industrie.

Die Umstellung auf grüne Stahlproduktion birgt ein enormes CO₂-Einsparpotenzial. Bei einer Jahresproduktion von 126 Millionen Tonnen Stahl in Europa können durch den Wechsel von der konventionellen zur grünen Route jährlich bis zu 240 Millionen Tonnen CO₂ vermieden werden. Um auf unsere Spritztour mit dem Volvo XC40 zurückzukommen. 240 Millionen Tonnen CO₂ entsprechen ca. 1,46 Billionen Kilometer. Damit könnten Sie 10 Millionen Mal um die Erde fahren oder 1,4 Millionen Mal zum Mond und zurückfahren. Selbst zum Uranus könntest du über 280 Mal hin und zurück fahren.